Großprojekte

Was ist anders?



Endbericht der Reformkomission Großprojekte

Ein wirkungsvolles Kosten- und Risikomanagement ist entscheidend für den Erfolg großer Infrastrukturprojekte. Signifikante Kostenüberschreitungen bei Großprojekten zeigen, dass dem Risikomanagement nicht der Stellenwert zugeschrieben wird, den es eigentlich haben sollte. Um aktuelle Kosten und Termine gegenüber den festgelegten Zielen messen und steuern zu können, ist es notwendig, in transparenter Weise Risiken zu bewerten und angemessen zu berücksichtigen.

Den ersten Absatz wird jeder Leser in irgendeiner Form sicher schon einmal vor sich gehabt haben. Aber warum kommt das Gefühl auf, dass sich nichts ändert und wir – frei nach Einstein – immer wieder und wieder dasselbe tun und trotzdem andere Ergebnisse erwarten?

In Deutschland hat die Reformkommission Großprojekte bereits 2015 ihren Endbericht vorgelegt. Eine zentrale Empfehlung ist die Implementierung eines systematischen Risikomanagements in der Projektabwicklung.

Kostenbestandteile

Die Verwendung von aufeinander aufbauenden Kostenbestandteilen hat das Ziel, Kostentransparenz durch die Vorgabe einer klaren Kostenstruktur zu schaffen, die von der Bedarfsplanung bis in die Baudurchführung anwendbar ist.

Die wesentlichsten Kostenbestandteile sind:


  • Basiskosten: Kosten, wenn „alles nach Plan“ verläuft, ohne Reserven für Risiken oder Ansätze für Vorausvalorisierung (Preissteigerung)

  • Risikokosten: Kosten, die sich aus Gefahren und Chancen ergeben, die eintreten können, aber nicht sicher eintreten (Eintrittswahrscheinlichkeit)

  • Vorausvalorisierung: Kosten, die sich aus der prognostizierten Preissteigerung ergeben

Kostenbestandteile im Projektverlauf nach ÖGG-Richtlinie „Kostenermittlung für Projekte der Verkehrsinfrastruktur unter Berücksichtigung relevanter Projektrisiken“:

Während der Planungsphase existiert in der Regel ein hohes Risikopotenzial, aber noch keine zusätzlichen Kosten, welche die Folge von eingetretenen Risiken sind. Außerdem sind die prognostizierten Kosten für die Vorausvalorisierung in Abhängigkeit des Realisierungszeitraums angesetzt (z.B. ein Jahr oder zehn Jahre).


Im Zuge der Bauausführung verringert sich das Risikopotenzial, im Gegenzug entstehen zusätzliche Kosten. Die Vorausvalorisierung wird mit kleinerem Abstand zum Projektende geringer. Nach Vertragsschluss treten - bei vereinbarten Gleitungsklauseln - Gleitungskosten auf (eingetretene Vorausvalorisierung).


Mit der Fertigstellung gibt es keine Unsicherheiten mehr. Die Ist-Kosten bestehen nur mehr aus den Basiskosten (B= B0+Z) und der Gleitung G.

Zusammenspiel von RM, Projektkostencontrolling und Budgetplanung

Das Risikomanagement stellt eine probabilistische Gesamtkostenprognose zu einem festgelegten Stichtag mit transparenter Ausweisung von Unsicherheiten dar. Diese Prognose wird zur Validierung des Budgets herangezogen (Bild unterhalb).

Ein Budget beschreibt üblicherweise nicht die Kosten eines Projekts. Es handelt sich viel mehr um einen festgelegten Betrag, der beispielsweise (politisch) zur Realisierung eines Projekts bereitgestellt wird. Das Budget und die realistischen Kosten eines Projekts können stark voneinander abweichen.


Eine Kostenprognose rein auf Basis eines Budgets zu entwickeln ist nicht zielführend.

Validierung eines Budgets (hier P80)

Das Budget wird der Prognose aus dem Risikomanagement (Verteilung für Kosten oder Termine) gegenübergestellt.

Zu erkennen ist, dass das Budget mit einer Wahrscheinlichkeit von 80 % (P80) unterschritten wird. Im Gegenzug besteht eine Wahrscheinlichkeit von 20 %, dass das Budget überschritten wird.

Der P-Wert - oder auch Value at Risk - gibt innerhalb einer Wahrscheinlichkeitsverteilung einen Wert (z. B. € 1,0 Mio.) an, der mit einer zugeordneten Wahrscheinlichkeit nicht über- bzw. unterschritten wird (Über- bzw. Unterschreitungswahrscheinlichkeit).


Integrale Analyse von Kosten, Terminen und Risiken

Mit dem konventionellen Zugang im Projektmanagement Kosten, Risiken und Terminplanung als unabhängig zu betrachten wird die Abhängigkeit von Zeit und Kosten nicht berücksichtigt (Silo-Betrachtung). Zudem werden Prognosewerte, ohne jegliche Information zu Unsicherheiten, als Grundlage für Entscheidungen herangezogen.

Das integrale Modell verknüpft Risiken mit den Vorgängen des Terminplans, um potentielle Bauzeitverzögerungen sowie die Änderung des kritischen Weges zu berücksichtigen. Das Ergebnis der Simulation zeigt die Abweichung vom Zieldatum. Die Kosten aus potentiellen Bauzeitverzögerungen werden auch im Gesamtergebnis berücksichtigt.


Ergebnisse Kosten

Das Ergebnis der Analyse wird anhand von S-Kurven nach Kostenbestandteilen dargestellt.

Ausgehend von den deterministischen Basiskosten (im Beispiel € 747,6 Mio.), zeigt die blaue Kurve die Basiskosten inklusive Mengen- und Preisunsicherheiten. Darauf werden die Risiken (rote Kurve) und die Kostenansätze für die Vorausvalorisierung aufgeschlagen (grüne Kurve).

Das Ergebnis wird dem Budget gegenübergestellt. Im Beispiel entspricht das Budget von € 1.005 Mio. dem P10 Wert, d.h. das Budget wird zu 10% unterschritten und zu 90% überschritten. Um eine Budgetsicherheit von 80% zu erreichen, müsste das Budget um € 98,2 Mio. erhöht werden.